Skip to main content

Das Gefühl ist schwer zu beschreiben, was Du gerade von Stunde um Stunde, Minute um Minute und letztlich Sekunde um Sekunde mit Dir trägst. Unsere Mandanten beschreiben oft ein Gefühl von Schwere, die sich wie ein dunkler Schatten über alle Lebensbereiche legt und nicht zu schwinden vermag.

Doch würde es helfen, wüsste man, woran es liegt, dass wir uns vorübergehend so schlecht fühlen und unsere Welt zusammenzubrechen droht.

Es sind unsere eigenen gefürchteten Anteile, denen wir während solchen traumatischen Erlebnissen ins Auge schauen müssen. Tiefe Verlustangst, Wut, Trauer und Hoffnungslosigkeit. Weitere Metaphern könnten ein nicht enden wollender Kater an einem Sonntag morgen sein – oder eine Magen-Darm-Grippe, die jeden Gedanken einnimmt.

Um diese besser zu verstehen, dröseln wir während unserer verständnisvollen Abschlussgespräche einige auf, um der betroffenen Person etwas Kontrolle über ihre traumatische Situation zurückzugeben.

Wir Menschen haben vier psychische Grundbedürfnisse, die uns aus überlebenswichtigen Gründen von der Evolution mitgegeben wurden:

Das Bedürfnis nach Bindung,
Das Bedürfnis nach Kontrolle,
Das Bedürfnis nach Anerkennung und
Das Bedürfnis nach Lust.

Es ist nicht schwer zu erkennen, dass mit einer solch schwerwiegenden Information – euer Partner hat euch betrogen – drei, eigentlich vier dieser Grundbedürfnisse komplett übergangen wurden.

Euer Bedürfnis nach Bindung wurde verletzt. Wir wollen uns binden, wir haben uns einvernehmlich an eine Person gebunden und wurden vom wichtigsten Menschen unserer „Überlebensgemeinschaft“ hintergangen. Eine derart schwerwiegende Form der Zurückweisung hätte uns als Steinzeitmensch womöglich das Leben gekostet. In der Steinzeit musste man als Gruppe bestehen, um zu überleben. Es entsteht ein Konflikt – die tiefe Angst, die „Überlebensgemeinschaft“ auf unbekanntes Terrain zu verlassen, die Trauer über all die verlorene Energie, die in dieses gemeinsame Lebensprojekt geflossen ist und die Wut. Leider weiß in solchen Momenten unser armer, kluger Steinzeit-Instinkt nicht, dass wir durchaus überlebenfähig sind und jetzt besser Kraft in unseren eigenen Selbstwert stecken sollten – zudem wie viel Gutes auf uns wartet, wenn wir nur mutig genug sind, für uns einzustehen.

Einer der wichtigsten Punkte ist unser Bedürfnis nach Kontrolle. Wie viele Menschen halten zu lange an zum Scheitern verurteilten Beziehungen fest, weil das, so unglaublich es klingen mag, ein vermeintliches Gefühl von Kontrolle vermittelt.

Man kann „tun“.

Man verzeiht, man setzt Ultimaten, sucht den Fehler bei sich selbst, reglementiert sich innerhalb der Liebesbeziehung bis aufs Äußerste und -so schrecklich es sich anhört- das Bedürfnis nach Kontrolle ist für unsere Gehirnstrukturen erfüllt. Ist das nicht verrückt? Würden wir also das, was wir uns als gutem/r Freund/in selbst raten würden durchziehen, geriet zunächst unser ganzes System ins Wanken. Denn das Beenden unserer Beziehung wäre ein Schritt, der mit einem unserer Ur-Bedürfnisse kollidiert. Die bewusst zerstörte Bindung und der Kontrollverlust in eine ungewisse Zukunft.

Nun was ist aber mit dem Gefühl der Anerkennung – was geschieht bei einem Schicksalsschlag wie diesem mit dem Selbstwertgefühl?

Natürlich fühlen wir uns aberkannt. Ich muss euch nicht sagen, dass dieses Geschehnis nichts – und zwar absolut gar nichts – mit deinem Wert zu tun hat, dennoch fühlen wir uns so. Ich weiß, dass ich mich wiederhole, doch es ist für die eigene Erleichterung so wichtig, unsere elementaren Gedankenstrukturen zu verstehen und hierfür ist die Anknüpfung an die Steinzeit wieder passend. Es ist das Gefühl des Verstoßen werden. Wurde in der Steinzeit das Verhalten eines Menschen verurteilt, sodass er der Gemeinschaft verwiesen wurde, war er auf sich selbst gestellt. Völlig ungewiss, ob er sich einer anderen Gruppe anschließen kann, der Natur -ohne den Schutz einer Gemeinschaft- hilflos ausgeliefert. Natürlich brauchen wir heute diesen Schutz nicht mehr zum Überleben. Rational gedacht wissen wir, dass es selbst für Herausforderungen wie einer Wohnungssuche, Scheidung und auch gemeinsame Kinder immer eine Lösung gibt – doch unser Instinkt hält fest und will uns schützen, wo wir eigentlich unseren Selbstwert schützen sollten.

Zu guter letzt bleibt auch unser letztes Grundbedürfnis auf der Strecke – die Lust. Durch einen so fundamentalen Verlust, instinktive Überlebensangst und diese große schwarze Wolke, die sich über unser komplettes Sein zieht, wollen wir so schnell wie möglich unser allgemeines Wohlergehen wiederherstellen – koste es, was es wolle. In diesem Fall: Unsere Würde. Wir neigen dazu, Tatsachen zu beschönigen oder Dinge hinzunehmen, die unseren Selbstwert von innen auffressen und uns nachhaltig kaputt machen.

Wir hoffen von Herzen für Euch, dass wir ein wenig Licht in euer sehr dunkles Tal der Verzweiflung werfen konnten. Ihr versteht, dass euch keinerlei Schuld trifft und es völlig normal ist, Angst zu haben. Ihr wurdet enttäuscht  -eine Täuschung in eurem Leben hat sich kenntlich gezeigt und sorgt für schmerzhafte Klarheit. Nun könnt ihr anfangen, eine Entscheidung für Euch selbst zu treffen und an dieser Stelle Kontrolle zurückzuerlangen und die „Scheidung“ wählen. Ob ihr verlassen wurdet oder nicht spielt an dieser Stelle keine Rolle. Ein emotionales „scheiden“ mit der Akzeptanz dessen was ist, kann für Erlösung sorgen.

Im kommenden Beitrag erfahrt ihr, wie ihr mit einer systematischen Umstrukturierung eures Denkens anhand dieser vier psychischen Grundbedürfnisse wieder auf die Beine kommen könnt.

Bis dahin – bleibt stark!